Haben Sie eine zollrechtliche Frage, die Sie schon immer einmal stellen wollten? Dann haben wir ab sofort etwas für Sie! In unserer neuen Rubrik „Frag den Anwalt“ beantwortet Rechtsanwalt Torsten Kühl Ihre Fragen und gibt wichtige Tipps für den Unternehmensalltag im rechtlichen Dschungel der Zoll-Welt. Senden Sie uns gern Ihre Fragen an fragdenanwalt@zoba.de

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass im Rahmen dieser Rubrik keine Rechtsberatung stattfindet. 

Unternehmen können in verschiedenen Situationen mit dem Zoll und dem Zollrecht in Berührung kommen. Nicht zwingend trifft dies nur Unternehmen, die selbst grenzüberschreitende Geschäfte tätigen. Zudem ist die Betroffenheit im Zuge zunehmender Regulierung des Außenhandels nicht allein auf das fiskalische Zollrecht beschränkt. In der Folge kann in Unternehmen an den unterschiedlichsten Positionen zollrechtliche Verantwortung entstehen. Doch wen kann die Verantwortlichkeit treffen und welche Risiken bestehen?

Welches Zollrechtliches Umfeld herrscht für Unternehmen?

Wer Zollrecht hört, denkt häufig an die Einfuhrabgaben, die in Abgabenbescheiden festgesetzt werden, wenn Nicht-Unionswaren zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen werden. Auch die Zollverfahren der aktiven Veredelung oder das Zolllager und vor allem das Versandverfahren kommen einem in den Sinn. Hierbei handelt es sich um das klassische formelle und materielle Zollrecht. Daneben treten die Folgen der zunehmenden Regulierung des Warenhandels, insbesondere des Außenhandels mit Drittstaaten. Zu nennen sind die Verpflichtungen nach CBAM, den Sorgfaltspflichten in der Lieferkette oder der Entwaldungsverordnung. Unternehmen können von diesen ganzen Regelungen und Maßnahmen unterschiedlich betroffen sein.

Sollen Nicht-Unionswaren aus Drittstaaten in das Zollgebiet der Union eingeführt werden, kann es gleichsam zur „komprimierten“ Anwendung diverser Regulierungsvorschriften kommen. Eine Ware muss zollrechtlich korrekt angemeldet und behandelt werden, für sie müssen aber auch alle sog. Verbote und Beschränkungen sowie die neueren Regulierungsmaßnahmen beachtet und eingehalten werden. Dies macht den grenzüberschreitenden Handel für alle Beteiligten sehr viel komplizierter. Die Folge ist auch eine erhöhte Anforderung an die unternehmensinterne Organisation (Compliance) zur Vermeidung von steuerlichen Nachteilen oder bußgeld- und strafrechtlichen Sanktionen. Zu beachten sind hierbei nicht nur die zoll- und steuerstrafrechtlichen Folgen, sondern auch die bußgeldrechtlichen Folgen aus den neueren Regulierungsverordnungen, die teils empfindliche Geldbußen für Unternehmen vorsehen.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Wie bereits erwähnt, können Unternehmen auf den unterschiedlichsten Handelsstufen oder in unterschiedlichen Positionen innerhalb der Logistikkette betroffen sein.

Unternehmen, die selbst im grenzüberschreitenden Handel mit Drittstaaten tätig sind und als Zollanmelder auftreten, sind für die Abgabe von inhaltlich richtigen Zollanmeldungen verantwortlich. Selbiges gilt für Unternehmen, die z.B. Inhaber der Zollverfahren aktive Veredelung und Zolllager sind. Die Inanspruchnahme der Verfahren oder ggf. auch von bewilligten Vereinfachungen gehen mit zollrechtlichen Sorgfaltspflichten einher. Häufig verfügen solche Unternehmen auch über den Status als AEO (zugelassener Wirtschaftsbeteiligter), so dass sich bereits aus dem AEO-Status gesteigerte zollrechtliche Sorgfalts- und Organisationpflichten ergeben. Solche können sich übrigens auch für solche Unternehmen ergeben, die selbst gar nicht unmittelbar im grenzüberschreitenden Handel tätig sind. So dürfen (Langzeit-) Lieferantenerklärungen nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen auch vorliegen und im Unternehmen geprüft wurden. Ungeprüfte (Langzeit-) Lieferantenerklärungen an Geschäftskunden abzugeben, ist fahrlässig, denn wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, kann es bei der Einfuhr in Drittstaaten zu einer Steuerhinterziehung kommen, wenn dort Präferenzen zu Unrecht in Anspruch genommen wurden.

Die im grenzüberschreitenden Warenverkehr tätigen Logistikunternehmen und Zolldienstleister sind ohnehin mit zollrechtlichen Risiken betroffen, da sie in der Regel „die Hand an der Ware haben“ und daher für die Zollbehörden einfach zu greifen sind.

Welche Personen im Unternehmen sind betroffen?

Zuvörderst trifft die Geschäftsführung die Pflicht, das Unternehmen so aufzustellen, dass keine Verstöße gegen zollrechtliche Vorschriften geschehen. Ob es sich hierbei um eine gesetzliche Pflicht (z.B. aus dem GmbH-Recht) oder um eine unternehmerische Notwendigkeit handelt, kann jedenfalls dann dahinstehen, wenn das betreffende Unternehmen den Status AEO bewilligt bekommen hat. Denn in diesem Fall ergibt sich unmittelbar aus dem Unionszollrecht die Pflicht zur Einrichtung eines der Unternehmensgröße entsprechenden Zoll-Compliance-Systems.

Verletzen Geschäftsführung oder Leitungspersonen, wie z.B. ein eingesetzter Zollverantwortlicher, ihre Sorgfalts- und Organisationspflichten, kann dies eine Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG darstellen. Werden im Unternehmen bekannte Mängel – z.B. in der Zollabwicklung – nicht abgestellt und kommt es zu einer unzutreffenden Festsetzung von Einfuhrabgaben, kann dies eine Steuerhinterziehung oder zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung darstellen. Der Zollverantwortliche ist etwa gefragt, Feststellungen aus Prüfberichten zu analysieren und etwaige Fehler im Unternehmen abzustellen. So sind z.B. unzutreffende Zolltarifnummern in den Stammdaten zu korrigieren. Ebenso misslich ist es, wenn festgestellte zollrechtliche Verfehlungen auf nicht vorhandene oder unzureichende Arbeits- und Organisationsmaßnahmen zurückzuführen sind.

Aber auch auf Ebene der Sachbearbeitung kann es zu steuerstrafrechtlichen Konsequenzen kommen. Dies gilt für jede Person im Unternehmen, die Steuererklärungen oder Zollanmeldungen abgibt. Der Zoll verfügt insoweit über die Teilnehmerdaten, so dass er unzutreffende Zollanmeldungen individuell zuordnen und ggf. einen steuerstrafrechtlichen Vorwurf erheben kann.

Im Bereich der Versandverfahren kommt es bei vorschnellen Entladungen der Versandwaren immer wieder zu strafrechtlichen Vorwürfen des Siegelbruchs, die etwa LKW-Fahrer oder Lagermitarbeiter treffen.

 

Zollrechtliche Pflichtverletzungen können nicht nur die Nacherhebung von ungeplanten Einfuhrabgaben zur Folge haben. Pflichtverletzungen und deren Folgen können sich aus zahlreichen weiteren, im Außenhandel einschlägigen Vorschriften ergeben. Misslich sind steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche oder Mitarbeitende in Unternehmen oder auch gegen das Unternehmen selbst. Mitarbeitende sollten befähigt werden und mutig sein, auf tatsächliche und mögliche Pflichtverletzungen hinzuweisen. Verantwortliche sollten solche Hinweise ernstnehmen und ihrerseits Mitarbeiter nicht zu Pflichtverletzungen anhalten.

Bei Beratungsbedarf steht Ihnen Rechtsanwalt Torsten Kühl gerne zur Verfügung:


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