Haben Sie eine zollrechtliche Frage, die Sie schon immer einmal stellen wollten? Dann haben wir ab sofort etwas für Sie! In unserer neuen Rubrik „Frag den Anwalt“ beantwortet Rechtsanwalt Torsten Kühl Ihre Fragen und gibt wichtige Tipps für den Unternehmensalltag im rechtlichen Dschungel der Zoll-Welt. Senden Sie uns gern Ihre Fragen an fragdenanwalt@zoba.de

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass im Rahmen dieser Rubrik keine Rechtsberatung stattfindet. 

Die Eintarifierung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie ist nicht nur erforderlich, damit der zutreffende reguläre Zollsatz ermittelt werden kann. Sie ist weiterhin für die Anwendung von Antidumping-, Antisubventions- und Schutzzöllen maßgeblich. Daneben entscheidet die korrekte Eintarifierung auch über die Anwendung von sog. Verboten und Beschränkungen sowie von weiteren außerhalb des Zollrechts liegenden regulatorischen Maßnahmen wie etwa der Anwendung von CBAM oder der Entwaldungs-Verordnung auf bestimmte Waren. Um hier Sicherheit zu erlangen, können Beteiligte eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) beantragen. Aber ist eine solche vZTA immer sinnvoll oder gar notwendig und verpflichtend?

Zweck und Ziel einer vZTA

Die vZTA-Entscheidung bindet sowohl die Zollbehörden in der gesamten EU wie auch den Inhaber hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung einer bestimmten Ware. Sie bietet daher einem Wirtschaftsbeteiligten, der für eine bestimmte Ware eine vZTA erhalten hat, Rechtssicherheit hinsichtlich der Eintarifierung dieser Ware. Dabei ist die Bindungswirkung auf drei Jahre begrenzt. Allerdings erfolgt keine Bindungswirkung für die Vergangenheit, d.h., für den vor dem Entscheidungszeitpunkt liegenden Zeitraum. Eine Verlängerung der vZTA ist nicht möglich. Stattdessen ist rechtszeitig vor dem Ablaufdatum ein Antrag auf Neuerteilung der vZTA zu stellen. 

Der Inhaber einer vZTA-Entscheidung ist indes nicht nur berechtigt, die darin genannte Zolltarifnummer in seinen Zollanmeldungen zu nutzen, sondern er ist dazu vielmehr auch verpflichtet.

Vorteile 

Als Hauptvorteil einer vZTA wird stets die oben schon erwähnte Rechtssicherheit im Hinblick auf die Eintarifierung einer bestimmten Ware hervorgehoben. Der Wirtschaftsbeteiligte wisse, welche Zolltarifnummer für seine Ware einschlägig ist, und hat das Recht, diese in der gesamten EU zu verwenden. Eine einmal erteilte vZTA bietet insoweit EU-weite Rechtssicherheit.

Nachteile

Der genannte Vorteil enthält jedoch zugleich den Nachteil. Denn eine vZTA muss verwendet und in Zollanmeldungen angegeben werden. Auch eine in der erteilten vZTA genannte Zolltarifnummer, die von der beantragten Zolltarifnummer abweicht und etwa zu einem höheren Zollsatz führt, muss fortan genutzt werden, was somit zu höheren als den geplanten Einfuhrabgaben führen kann.

Gegen eine solche „unliebsame“ vZTA, die nicht wie beantragt erteilt wurde und zu einem höheren Zollsatz führt, müsste dann in solchen Fällen Einspruch eingelegt werden. Voraussetzung wäre, dass es genügend Anhaltspunkte gibt, dass die in der vZTA genannte Zolltarifnummer unzutreffend ist.

Hinweis:
Beachten Sie bitte, dass die Bindungswirkung auch für die Dauer des Einspruchsverfahrens und ggf. eines anschließenden Klageverfahrens fortbesteht. Bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die vZTA muss daher die ggf. ungünstige Zolltarifnummer genutzt werden.

 

Keine Pflicht zur Beantragung einer vZTA

Häufig wird Wirtschaftsbeteiligten in Zollprüfungen mitgeteilt und vorgeworfen, dass sie angesichts des Einfuhrvolumens keine oder zu wenige vZTA halten würden. Diesem Vorwurf muss entgegengehalten werden, dass es keine gesetzliche Pflicht zur Beantragung einer vZTA gibt. Wenn ein Wirtschaftsbeteiligter eine bestimmte Tarifauffassung vertritt und diese auch gut begründen kann, die Begründung optimalerweise im Rahmen des Stammdatenmanagements intern auch hinterlegt hat, dann entspricht dies unternehmerischer Sorgfalt und ist auch aus Gesichtspunkten der Zoll-Compliance ausreichend.

Entscheidungsfindung  

Die Entscheidung über die Beantragung einer vZTA trifft somit allein der Wirtschaftsbeteiligte. Das Risiko bei der Beantragung einer vZTA liegt in der nicht antragsgemäßen und im Ergebnis für den Wirtschaftsbeteiligten finanziell negativen Entscheidung. Daher sollten vZTA nicht vorschnell beantragt werden.

Wenig sinnvoll erscheint eine vZTA etwa für Waren, deren Eintarifierung unstreitig oder eindeutig ist bzw. bereits in Zollprüfungen thematisiert wurde. Ergeben sich aus einer Zollprüfung heraus Umtarifierungen zulasten des Wirtschaftsbeteiligten, kann auch hiergegen Einspruch eingelegt werden.

Auch wenn ein Wirtschaftsbeteiligter nur in Deutschland Zollanmeldungen abgibt, erscheint eine vZTA nicht immer sinnvoll, denn die Gefahr einer unterschiedlichen Einreihung der Waren durch Zollbehörden in verschiedenen Mitgliedstaten besteht dann nicht. Sinnvoll ist eine vZTA für Wirtschaftsbeteiligte allerdings dann, wenn die Eintarifierung trotz interner Prüfung unklar ist oder aber selbst innerhalb Deutschlands verschiedene Zollämter zur identischen Ware unterschiedliche Tarifauffassungen vertreten.

Da der wesentliche Zweck einer vZTA in der EU-weiten Bindungswirkung liegt, bieten sich vZTA immer dann an, wenn die Waren etwa in verschiedenen Mitgliedstaaten zur Überlassung in den freien Verkehr eingeführt werden sollen.

Zunehmende Bedeutung erlangen vZTA wegen der Bindungswirkung allerdings auch im Hinblick auf die außerhalb des Zollrechts liegenden Regularien und Verordnungen. Denn der dort erfasste Warenkreis zur Bestimmung des jeweiligen Anwendungsbereichs (z.B. Entwaldungs-VO) wird durch Verweise in die Kombinierte Nomenklatur definiert. Ebenso kann eine vZTA auch Relevanz im Präferenzrecht erhalten, um Gewissheit über die anzuwendenden Verarbeitungsregeln zu erlangen.

Wirtschaftsbeteiligte sollten die Notwendigkeit einer vZTA stets im Einzelfall prüfen, denn die Bindungswirkung besteht auch bei „unliebsamen“ vZTA-Entscheidungen. Etwaige Einspruchs- und Klageverfahren sind in der Regel zeitaufwändig. Pauschale Beantragungen, etwa um vermeintlich bindenden Vorgaben der Zollverwaltung zu genügen, sollten vermieden werden. Die Gründe für die Beantragung einer vZTA können jedoch auch außerhalb des Zollrechts zu finden sein.

Bei Beratungsbedarf steht Ihnen Rechtsanwalt Torsten Kühl gerne zur Verfügung:

Zollrechtskanzlei Kühl
Parkallee 117
28209 Bremen
0421 – 3475 647
www.zollrechtskanzlei.de

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